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Comeback (Dr. Andreas Müller)

Vom Athleten zum Koma-Patienten und zurück

Das Ende einer Bodybuilding-Karriere? Das Schicksal ereilt Dr. Andreas Müller, langjähriger Wettkampf-Natural-Bodybuilder, beim Training in einem Wiener Fitness-Studio. Seine Aorta, eine der Hauptschlagadern am Herzen, reißt plötzlich ein; er bricht beim sitzenden Rudern am Zugturm zusammen. Der Bewusstlose muss sofort ins Krankenhaus – die meisten Notfälle mit einem Aortenriss erreichen die Klinik nicht mehr lebend – doch im Umkreis hat keine Klinik ein freies Bett! Per Hubschrauber wird Dr. Müller nach St. Pölten gebracht, wo ein Team von Spezialisten in einer 8-stündigen Notoperation versucht, sein Leben zu retten.
Das Unglaubliche gelingt, doch der Patient erwacht nach mehrwöchigem Koma mit schweren Defiziten: Das Gehirn hat durch einen gleichzeitigen Schlaganfall Schäden erlitten. Eingeschränkte Erinnerung, Denkvermögen, Sehfähigkeit und eine verringerte Kraftentfaltung der rechten Körperseite lassen befürchten, dass Dr. Müller nach der Genesung auf Pflege angewiesen sein wird. Doch der Patient weigert sich, sein Schicksal anzunehmen, und beginnt, nach Auswegen zu suchen. Gegen den Rat der Ärzte, mit Willensstärke und Zähigkeit gelingt es dem sächsischen Dickkopf, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Training im Krankenhaus

Dem zuvor sehr muskulösen und kräftigen Sportler bereitet nach der langen Liegezeit im Krankenhaus schon das Aufstehen Probleme. Gehen ohne Abstützen an der Wand ist zunächst kaum möglich. Dr. Müller bemüht sich von Anfang an, ohne Hilfe selbst in den Rollstuhl zu gelangen, auf den er aber bald verzichtet. Mit ungebrochenem Sportsgeist wird die Gangunsicherheit durch tägliches Training – Erkundung aller Flure des Krankenhauses zu Fuß – überwunden. Danach beginnt er, im Aufenthaltsraum seiner Station im Krankenhaus heimlich die zurückgebildeten Muskeln zu trainieren: Statt TV zu sehen, werden Gummibänder für erste leichte Muskelübungen eingesetzt und auf dicken Büchern wird Wadenheben ausgeführt.
Das bleibt nicht unentdeckt und er handelt sich einen gewaltigen Rüffel ein, da seine große, frische Narbe auf der Brust – der Brustkorb wurde bei der Operation geöffnet und die Rippen dabei durchgesägt – nicht geklammert wurde und ohne mechanische Unterstützung zusammenwachsen soll. Weitere Liegestütze werden ihm also fürs Erste streng verboten!
Dr. Müller nimmt sich zusammen und findet Ausweichübungen; das tägliche Training geht weiter. Bei der anschließenden Reha in einem neurologischen Zentrum darf er zum ersten Mal wieder im Kraftraum trainieren. Die Pflegerinnen erlauben nur leichte Gewichte, doch der Patient schummelt immer wieder und trainiert stets etwas schwerer, als er sollte.
Körperlich geht es ihm jetzt schon wieder gut und auch die anderen Beschwerden bessern sich schnell; sein Gehirn funktioniert zusehends besser und seine Erinnerung kehrt immer mehr zurück. Sehr wahrscheinlich hat die viele Bewegung und das beständige körperliche Training entscheidend zur schnellen Rekonvaleszenz beigetragen. Als er das Krankenhaus verlässt, sagt ihm der Chirurg, der ihn operiert hat: „Dass Sie überlebt haben, das verdanken Sie mir. Aber dass Sie so überlebt haben, das verdanken Sie Ihrem Sport!“

Nach der Entlassung – Training für den Wettkampf

Mit den Medizinern in Sachsen, die seine weitere Genesung überwachen, hat er so machen Streit auszufechten; keiner von ihnen will verstehen, dass ein über 60-jähriger Schlaganfall-Patient mit einem Stück künstlicher Aorta in der Brust nicht nur regelmäßig Krafttraining betreibt, sondern sogar auf die Wettkampfbühne zurück will!
Doch der sächsische Dickkopf setzt sich wieder durch. Wenn er sich nicht in Wien bei seiner Lebensgefährtin Sonja Fiala aufhält, führt er in Werdau in Sachsen allein seinen Haushalt. Dr. Müller fährt wieder Auto. reist allein mit der Bahn durch die Lande und nimmt seinen Beruf wieder auf: An seiner Schule für Krankenpflege unterrichtet er heute wieder wie in früheren Jahren. Darüber hinaus tritt Dr. Müller in den folgenden Jahren mit guten Platzierungen bei einer Reihe von Natural-Bodybuilding-Wettbewerben an. Die Krönung seiner Wiederherstellung wird – gegen starke internationale Konkurrenz – der vierte Platz bei der WWF Mr.-Universe-Wahl 2024 in Las Vegas.

Bodybuilding als Garant für die vollständige Genesung

Dieses ungemein motivierende Buch ist der Beweis dafür, dass selbst im fortgeschrittenen Alter und nach schweren Beeinträchtigungen – Aortenriss, Schlaganfall und Koma – ein beinahe unglaublicher Wiederaufstieg möglich ist. Dr. Müller ist sich sicher, seine vollständige Genesung verdankt er seiner Willensstärke, aber vor allem seinem Sport – Bodybuilding!
Inhaltsverzeichnis "Comeback (Dr. Andreas Müller)"

Comeback im Bodybuilding nach Not-Operation und 2 Wochen Koma

  • 1. Der Tag, der alles veränderte
  • 2. In der Klinik
  • 3. Rendezvous in St. Pölten
  • 4. Frühling in Wien 2017
  • 5. Ein Blick zurück
  • 6. Frühsommer in Wien 2017
  • 7. Quo vadis, Bodybuilding?
  • 8. Ein Leben lang Bodybuilding
  • 9. Anschlussheilbehandlung
  • 10. „In Würde altern“ mit Bodybuilding?
  • Nachtrag: Las Vegas
Leseprobe "Comeback (Dr. Andreas Müller)"

Das Bodybuilding-Comeback nach Aortenriss und Schlaganfall, nach Not-Op und 2 Wochen Koma

Kraftsportler Im Krankenhaus – aus dem Koma aufgewacht

Wo bin ich? Irgendetwas passiert gerade um mich herum. Ich höre Stimmen, undeutlich, bruchstückhaft.
Ich liege in einem Krankenhausbett, überall um mich herum stehen Geräte mit Monitoren, Anzeigen, Schläuchen. Einige dieser Schläuche führen unter die blau-weiß gepunktete Bettdecke, die mich einhüllt. Es dauert eine Weile, bis ich zu der Vermutung fähig bin, dass diese Schläuche genauso in meinen Körper hineinführen wie der Schlauch, den ich unterhalb meines Kehlkopfes entdecke, wo er meinen Hals perforiert, um in meiner Luftröhre zu enden. Der Schlauch drückt bisschen, ansonsten jedoch empfinde ich keinerlei Schmerzen, fühle mich nur sehr schwach und vor allem sehr verwirrt.
Im Moment reicht es zumindest, um zu begreifen, dass die Stimmen, die jetzt an mein Ohr dringen, die Stimmen jener Menschen sind, deren Gesichter ich nunmehr sehe. Das Rauschen, der Nebel, die Dunkelheit, alles das lichtet sich buchstäblich, weil ich plötzlich Licht wahrnehme. Konturen zeichnen sich ab. Ich erkenne Sonja, die seit einigen Monaten die Frau an meiner Seite ist, und neben ihr Judith, meine tapfere und nun vom Schicksal wieder arg gebeutelte Tochter. Im Juni des Jahres zuvor hatte Judith erleben müssen, wie ihre Mutter den Kampf gegen den Krebs verliert, jetzt drohte der Verlust ihres Vaters.

Der niedergeworfene Bodybuilder

Jetzt versuchen sie gemeinsam, mir begreiflich zu machen, was mit mir passiert ist. All das vollzieht sich, während ich „noch gar nicht ganz da bin“ und ist mir nur sehr grob und schemenhaft in Erinnerung, denn ein Gehirn, das gerade erst zu seinem Bewusstsein zurückfindet, hat seine Grenzen. Wüsste ich die Einzelheiten genauer, dann wäre ich nicht in dem Zustand gewesen, in dem ich nun einmal war. Erst Wochen später wird mir klar, dass es Erleichterung war, was ich in Sonjas und Judiths Gesichtern las, als sie mit mir sprachen. Denn mir war nicht nur die Aorta (eine Hauptschlagader) gerissen, sondern auch ein Gewebefragment der gerissenen Aorten-Innenwand über eine Halsschlagader ins Gehirn vorgedrungen, um dort einen Schlaganfall auszulösen.
Bei einem Schlaganfall ist die Blutversorgung von Teilen des Gehirns schlagartig unterbrochen. Weil das Blut aber neben Nährstoffen auch Sauerstoff zum Gehirn transportiert, kann ein Schlaganfall die bösesten Folgen haben. Das Gehirn kann Sauerstoff nicht speichern, benötigt ihn aber pausenlos zum Arbeiten. Bleibt die Zufuhr aus, sterben unweigerlich Hirnzellen ab. Die Konsequenzen dieses Verlustes sind im Vorhinein auch von Fachleuten oft nur schwer einzuschätzen.
Dass ich jetzt, beim Erwachen aus der Bewusstlosigkeit, allem Anschein nach in der Lage war, zumindest grob das Geschehen um mich herum zu begreifen, sprach dafür, dass die Folgen meines Schlaganfalls offenbar deutlich hinter den Befürchtungen zurückblieben, die zuvor auf der Intensivstation geäußert worden waren, als ich nach tagelangem Koma keine Hinweise auf eine Wiedererlangung des Bewusstseins erkennen ließ. Sollte ich nicht bald zu mir kommen, müsse man die Geräte eben irgendwann abschalten, hatte man Sonja und Judith erklärt. Später meinte Sonja zu mir, dass sie in diesem Fall jahrelang Schwarz getragen hätte. In modischen Fragen lässt sie nicht mit sich spaßen.
Dass ihr diese stilistische Herausforderung erspart blieb, ist vor allem der Hartnäckigkeit eines jungen Herzchirurgen am Klinikum in St. Pölten zu verdanken. Es dauert Wochen, bis mein malträtiertes Gehirn in der Lage ist, sich aus den Fragmenten der Gespräche an meinem Krankenhausbett ein einigermaßen schlüssiges Bild von der Lage der Dinge zu zeichnen.

Dramatische Operation eines schwer verletzten Bodybuilders

Dr. Bernecker berichtete mir später über die Ereignisse in jener denkwürdigen Märznacht des Jahres 2017, als mich der Rettungshubschrauber bei ihm eingeliefert hatte. Er legt mir eine Kunststoff-Aorta vor, baugleich mit dem Implantat, das er mir in einer über achtstündigen nächtlichen Operation in den Brustkorb montiert hat. Dann zeichnet er mir auf einem Bogen Papier die Aorta auf, erklärt mir, an welcher Stelle das mir eingesetzte Implantat beginnt, wo es endet und welche Blutgefäße er an welcher Stelle annähen musste, um das Ganze zum Funktionieren zu bringen. Ich wusste bereits, dass es nicht auf Anhieb funktioniert hatte.
Als nämlich die Blutungen an den immer wieder aufreißenden Nähten scheinbar überhaupt nicht mehr aufhören wollten, muss es einen Moment der Resignation bei Dr. Bernecker und seinem Team gegeben haben. Für einen Augenblick schien alles vorbei zu sein. Abflug ins Nirwana oder wohin auch immer! Einer der Monitore, die nun abgeschaltet werden sollten, zeigte wohl aber überraschenderweise noch Herztätigkeit, mit der Folge, dass Dr. Bernecker die bereits abgestreiften OP-Handschuhe wieder anzog und weitermachte, wo er aufgehört hatte.
Knapp zehn österreichische Spezialisten hatten nach Mitternacht bis in die Morgenstunden des folgenden Tages am OP-Tisch einen zeitweilig recht aussichtslos wirkenden Kampf um den Fortbestand meiner irdischen Ossi-Existenz geführt. Man hatte mich in Vollnarkose versetzt, meine Körpertemperatur zum Schutz des Gehirns heruntergefahren, mir den Brustkorb aufgesägt, meine Blutgefäße an eine externe Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, meine Aorta bis zum Aortenbogen herausgeschnitten, an ihrer Stelle das Implantat eingesetzt und die von der Aorta in Richtung Kopf und rechter Arm abzweigenden Blutgefäße an dieses Implantat angenäht.
Jahrelang lebte ich anschließend in dem Glauben, dass es erst während der Operation zum Schlaganfall gekommen sei. Inzwischen bin ich mir jedoch sicher, dass ich schon mit dem Schlaganfall eingeliefert worden war. Denn eine Aortendissektion verursacht nicht unbedingt eine Ohnmacht, ein heftiger Schlaganfall indes schon. Ein heftiger Schlaganfall kann selbst einen Hünen umbringen oder ihn von einem Moment auf den anderen in ein hilfloses, sabberndes Häufchen Elend verwandeln. Wie heftig mein Schlaganfall war, vermochte niemand einzuschätzen. Genau das hatte die Sache so kompliziert gemacht. Seine große Angst, so erzählte mir Dr. Bernecker ganz offen, sei es stets, dass ein Patient eine Operation wie jene an mir zwar überlebe, dann aber für den Rest seiner Tage in körperlich und geistig äußerst desolatem Zustand als Pflegefall dahindämmere.

Neue Hoffnung: keine Einwände gegen das Krafttraining

In krassem Unterschied zu dem, was ich nach meiner Rückkehr aus Österreich in deutschen Arztpraxen zu hören bekam, riet mir Dr. Bernecker keineswegs davon ab, weiterhin Bodybuilding zu treiben. Er warnte mich allerdings vor starker Pressatmung beim Training, weil sie die Nähte meines Implantats reißen lassen könnte. Im Interesse der Stabilität dieser OP-Nähte riet er mir ausdrücklich von Sportarten ab, bei denen es infolge von Stürzen, Stößen oder Schlägen auf den Körper zu plötzlichen Blutdruckspitzen kommen kann – also zum Beispiel Abfahrtsski, Fußball oder Kampfsport.
Meine Erleichterung war grenzenlos. Ausgerechnet der Mann, der mir schon einmal das Leben gerettet hatte, rettete es mir jetzt auf gewisse Weise ein zweites Mal, indem er mir Entwarnung gab für etwas, was ich ohnehin längst wieder begonnen hatte: mein Training! Fortan ging ich mit wesentlich weniger Todesangst ans Eisen.

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